Bauen und Wohnen
Ziel 1: Plusenergie-Standard & Solarenergie-Nutzung
Die Stadt erlässt bis Ende 2021 eine Satzung, nach der bei Neubauten (gewerblich wie privat) zukünftig ausschließlich nach dem Plusenergie-Standard gebaut werden darf und welche die verpflichtende Nutzung von klimaschonenden Wärmeversorgungs-systemen am Gebäude vorsieht [1].
[1] vgl. German Zero: Klimaplan, 2. Auflage, 2020, Seite 34ff
Städtebauliche Vorentwürfe aller Bauvorhaben mit einer Baugrundfläche von mehr als 500 m² werden hinsichtlich ihrer Kubatur auf ihren späteren Energiebedarf optimiert. Zukünftige Baukörper werden hinsichtlich ihres A/Ve-Wertes (Verhältnis von Wärme abstrahlender Außenhülle (A) zu dem zu beheizenden Volumen (Ve)) auf eine Summe von Σmax +/- 25 optimiert (Gebäudehöhen bis zu 5 Stockwerken und Bebauungstiefen von 10 - 14 m). [3]
Sicherung der passiven Sonnenenergie (~13 kWh/m²WF)
Bei Neubauten ist die Gebäudestellung hinsichtlich einer optimalen Nutzung der passiven Sonnenenergie zu optimieren.
Die Ausrichtung der Dachfirste zu einer Ermöglichung aktiver Solaranlagen und eine optimale Gebäudehüllkurve zur Sicherung der winterlichen Fassadenbesonnung sind bis 2021 als Festsetzung in den Bebauungsplan einzupflegen.
Sicherung der aktiven Sonnenenergie (~3 kWh/ m²WF)
Bei Neubauten ist die Nutzung von solarer Brauchwassernutzung, solarer Nahwärme und Photovoltaik verpflichtend auszuweisen.
[3] vgl. KlimaKom gemeinnützige eG: Kurzbroschüre Transformation gestalten – Bausteine einer Klimanotstandspolitik in Erlangen, 2020, Seite 8
Für die Nah- und Fernwärmeversorgung im Stadtgebiet wird der Einsatz von Luft-Wärmepumpen, oberflächennaher Geothermie, Solarthermie (aktive Solarenergienutzung), Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Nah- und Fernwärmeversorgungssysteme auf der Grundlage von Restwärmenutzung aus der Stromproduktion oder aus Industrieprozessen gezielt verstärkt und gefördert. Hierzu entwickelt die Stadt bis 2023 ein klimaschonendes Energieversorgungskonzept, das sich an dem Richtwert von 550-600 MWh((ha*a) orientiert. Bei der städtebaulichen Planung ist der energiefachlichen Konzeption eines klimaschonenden Wärmenetzes Vorrang einzuräumen.
Die Städtebauliche Planung im Stadtgebiet Erlangen orientiert sich zur Verkehrsvermeidung am Leitbild einer „Stadt der kurzen Wege“. Neben einer Integration von Verkehrs- und Siedlungsplanung verpflichtet sich die Stadt zu einer Vermeidung von Straßenneubauten. Im Hinblick auf eine Stadt der kurzen Wege ist in Erlangen eine Einwohnerdichte von 170 Einwohnern pro ha (vgl. Tübingen) anzustreben. [4]
Zu Verkehrsplanung siehe Ziele für den Sektor Mobilität.
Förderung und Entwicklung innerstädtischen Wohnens
Die Stadt Erlangen fördert eine Verstärkung der Wohnfunktion im Innenstadtbereich und verdichtet bestehende Siedlungsstrukturen durch die Schaffung zentraler autofreier Wohnquartiere. Zudem wird die energetische Sanierung des zentralen Wohnraumbestandes gefördert.
Zoniertes Satzungsrecht
Die Stadt Erlangen setzt eine Anhebung der Grundsteuer für unbebaute aber bebaubare Grundstücke innerhalb der Erlanger Innenstadt bis 2021 um.
Aktive Liegenschaftspolitik in der Innenstadt
Die Stadt Erlangen setzt bis 2021 neue Richtlinien für eine aktive Liegenschaftspolitik in der Innenstadt fest.
[4] vgl. Umweltbundesamt: Instrumente zur Reduzierung der Flächeninsanspruchnahme: Aktionsplan Flächensparen. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2018-05-24_texte_38-2018_reduzierung-flaecheninanspruchnahme.pdf
Eine wassersensitive Stadtplanung dient der zukünftigen Bestandssicherung wichtiger CO² Senken und eines guten ökologischen Potentials der Gewässer unter geänderten Klimabedingungen. Im Sinne einer attraktiven, erlebbaren und gesundheitsförderlichen grün-blauen Infrastruktur werden Hitzeinseln in Stadträumen reduziert und ein Überflutungsschutz verbessert. [5] [6]
Keine weitere Versiegelung
Die Stadt schafft keine weiteren versiegelten Flächen: Für jede neu versiegelte Fläche soll im Stadtgebiet eine gleichgroße Fläche wieder entsiegelt werden.
Verpflichtende Regenwasserrückhaltung
Die Stadt erlässt bis 2022 eine Satzung, nach der bei Neubauten (gewerblich wie privat) zukünftig eine Verpflichtung zu einer 90%-igen Regenwasserrückhaltung in Form von einer dezentralen Regenwasser-Versickerung, Brauchwasser-Nutzung, einer minimalen Versiegelung von Flächen oder dem Einbau von Dachbegrünung gewährleistet wird.
Regenwasserrückhaltung im GEWOBAU
Bis Ende des Jahres 2026 soll der gesamte Wohngebäudebestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAU im Hinblick auf eine dezentrale Regenwasserrückhaltung angepasst werden.
Schaffung von Retentionsflächen durch multifunktionale Nutzung
Bei der Gestaltung zukünftiger Freiflächen ist eine Bodenmodellierung vorzusehen, die eine Regenwasserrückhaltung bei Starkregenereignissen ermöglicht.
Umwandlung von Parkplätzen
Die Stadt verpflichtet sich bis 2022 20% der öffentlichen Parkplätze im Innenstadtgebiet umzuwidmen. Diese Flächen werden für die Neupflanzung von standortgerechten, klimawandelgeeigneten Bäumen verwendet. Pro Baum ist eine Oberbodenmenge von 10 m³ vorzusehen!
Pflanzbankette im Straßenquerschnitt
In Straßenquerschnitten ist (wo möglich) eine Versickerung des Regenwassers in offenen Pflanzbanketten einzuplanen. Diese multifunktionalen Grünstreifen an den Straßen schützen Radfahrer, dienen der Begrünung und der Regenwasserrückhaltung und ermöglichen einen besseren Luftaustausch in der Stadt.
Verpflichtender Einbau eines Baumrigolensystems
Bei zukünftigen Umgestaltungen oder Sanierungsarbeiten an Straßen verpflichtet sich die Stadt zu dem Einbau eines Baumrigolensystems zur Regenwasserrückhaltung und um die Lebensdauer von städtischen Bäumen zu erhöhen. [7]
Begrünte Parkierungsflächen
Bei zukünftigen Umgestaltungen oder Sanierungsarbeiten an Straßen verpflichtet sich die Stadt Parkplätze im Stadtgebiet mit Rasengittersteinen oder Schotterrasen zu begrünen.
Begrünte Gleisanlagen
Die Gleisanlagen im Stadtgebiet sind, wo immer es möglich ist, zu begrünen um eine Kühlung der Lufttemperatur und eine Verbesserung der Luftqualität zu Erreichen.
[5] vgl. Uhl, Henrichs: Urbaner Wasserhaushalt als Ziel für wassersensitive Stadtplanung – (http://docplayer.org/60675302-Urbaner-wasserhaushalt-als-ziel-fuer-wassersensitive-stadtplanung.html)
[6] vgl. Stiftung die grüne Stadt: Nachhaltige Infrastruktur. Wasser in der Stadt.
https://www.die-gruene-stadt.de/wasser-in-der-stadt.pdfx
[7] vgl. Treedrain: Entwicklung eines Baumrigolensystems für die urbane Regenwasserbewirtschaftung. https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/werkzeuge-der-anpassung/tatenbank/treedrain-entwicklung-eines-baumrigolensystems-fuer
Durch Frischluftschneisen kann Kaltluft aus der Umgebung in das Stadtzentrum geführt werden. Auf diese Weise wird eine zunehmende Hitzebelastung abgemildert und der zunehmende Energieaufwand für Klimaanlagen reduziert. Auch die lufthygienische Situation wird durch den Luftaustausch mit dem Umland deutlich verbessert. [8] [9]
Sicherung existierender Frischluftschneisen
Die Stadt Erlangen setzt bis Ende 2021 einen kompletten Baustopp auf an Frischluftschneisen angrenzenden unbebauten Grundstücken durch. Im Randgebiet der Frischluftschneisen ist eine Bebauungshöhe von 2 Stockwerken nicht zu überschreiten.
Dies betrifft im Besonderen die Freiflächen entlang der Regnitz, der Schwabach, des Brucker Bachgrabens, der Mittleren Aurach, der Bimbach, entlang des Europakanals, der Bahnleittrasse und am Exerzierplatz.
Verzahnung mit dem Stadtgebiet
Straßenverläufe, die an Frischluftschneisen anschließen werden mit Priorität bis 2022 über offene Straßenquerschnitte und Baumpflanzungen begrünt. Diese Maßnahme dient ebenfalls dem Biotopverbund, der aus naturschutzfachlicher Sicht gefördert werden muss.
Zielkonflikte Verdichtung und Frischluftzufuhr
Im Falle eines Zielkonfliktes des Siedlungsstrukturkonzeptes einer Stadt der kurzen Wege mit bestehenden und potentiellen Frischluftschneisen ist dem Ziel einer Sicherung der Frischluftschneisen im Stadtgebiet Vorrang einzuräumen.
Bestehende Planungen im Stadtgebiet
Vor diesem Hintergrund sind bestehende Planungen im Stadtgebiet (Parkhaus angrenzend an die Frischluftschneise der Schwabachaue, Bebauung der Vorhalteflächen am Exerzierplatz) unbedingt zu vermeiden.
Ergänzende Regelungen in Grundstückskaufverträgen
Bei dem Verkauf von Grundstücken durch die Stadt wird in die Grundstückskaufverträge eine Verpflichtung zu den oben genannten Richtwerten aufgenommen.
[8] vgl. NABU: Bedeutung der Frischluftzufuhr für das Stadtklima. https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/ressourcenschonung/bauen/13067.html
[9] vgl. Ministerium für Klimaschutz NRW: Handbuch Stadtklima: Maßnahmen und Handlungskonzepte für Städte und Ballungsräume zur Anpassung an den Klimawandel. https://www.umwelt.nrw.de/fileadmin/redaktion/Broschueren/handbuch_stadtklima_kurzfassung.pdf
Die Stadt verdoppelt ab Anfang 2021 zunächst befristet bis Ende 2023 die Förderung der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden in privater Hand und koordiniert Sanierungsmaßnahmen, um die energetische Sanierungsquote auf mindestens 5% jährlich zu erhöhen. [10] Hierzu werden die aktuell gültigen Zuschüsse aus dem Programm CO2-mindernde Maßnahmen an Gebäuden verdoppelt und das Gesamtbudget ausreichend erhöht. Für geförderte Maßnahmen sollte der EnEV-Energiestandard für Neubauten um nicht mehr als 20% überschreiten werden (~60 kWh/m² Wärmebedarf bei Standard-Häusern). Ausnahmen bestehen lediglich für diejenigen Denkmalschutzgebäude, bei denen eine solche Sanierung bauphysikalisch nicht möglich ist.
Die Stadt legt bis spätestens bis Ende 2021 eine umfassende Informationskampagne zum Thema Energetische Sanierung für Privathaushalte und Unternehmen auf.
Beginnend ab 2021 erarbeitet die Stadt in Kooperation mit Energieberatern, den Erlanger Stadtwerken (EStW), Handwerkern und Unternehmen der Baubranche für Stadtteile mit hoher Homogenität Sanierungskonzepte, führt hierfür gezielte Informations- und Mobilisierungsveranstaltungen durch und setzt die Konzepte anschließend als „betreute“ Konvoisanierungen um. [11]
Ab 2022 werden die Maßnahmen von der vorgeschlagenen Energie-Agentur (sh. Kapitel “Übergeordnete Maßnahmen” übernommen.
[10] vgl. KlimaKom gemeinnützige eG: Kurzbroschüre Transformation gestalten – Bausteine einer Klimanotstandspolitik in Erlangen, 2020, Seite 8
[11] vgl. KEK, DFIU, ITAS, IREES GmbH, P&C: Klimaneutrales Karlsruhe 2050 (http://www.kek-karlsruhe.de/de/pdf/Machbarkeitsstudie_KA_klimaneutral_end.pdf), 2020, S. 38ff
Neubau ist durch die graue Energie im Herstellungsprozess energieintensiver als die Sanierung des Gebäudebestands. Es gibt keinen Mangel an Wohnraum, sondern eine ungerechte Verteilung des bestehenden Wohnraums. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person steigt auch in Erlangen. Deshalb soll Neubautätigkeit im Stadtgebiet so weit wie möglich minimiert werden. Neue Bau- und Gewerbegebiete auf bisher land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen sollen ab sofort grundsätzlich nicht mehr ausgewiesen werden.
Die Stadt ändert zudem bis spätestens Ende 2021 ihre Richtlinien zur Bauleitplanung bzw. für Baugenehmigungen für Neubauten in der Form ab, dass:
- eine Wiederverwendbarkeit von mindestens 70% der Baustoffe bei einem Neubau gewährleistet werden kann. [12] Hierfür schafft die Stadt ein entsprechendes kommunales Materialkataster in Anlehnung an BNB / DGNB.
- bei Bauprojekten mit Baugrundfläche größer 500 m² außerdem ein Energiekonzept und eine Lebenszyklusanalyse vorgelegt werden muss. [13]
- bei nicht vermeidbarem Neubau Kaltluftschneisen erhalten bleiben oder durch flächensparende Siedlungspolitik neu geschaffen werden müssen [14]
- es je Wohnraum einer Wohnung einen wettergeschützten und leicht zugänglichen Fahrradabstellplatz pro Wohnung geben muss
- Sanierung kommunaler Gebäude
Die Stadt geht mit gutem Beispiel voran, indem sie bis Ende 2021 einen Plan für eine „vollständige Sanierung des eigenen Gebäudebestands auf hohem Niveau bis 2030“ [15] vorlegt.
Energieeinsparung bei kommunalen Gebäuden und Liegenschaften
Die Raumtemperatur aller fossil beheizten Räume der Stadt Erlangen und ihrer Betriebe wird in der Heizperiode auf maximal 19°C Innentemperatur begrenzt. Dem UVPA wird jährlich über den Erfolg der Maßnahme berichtet.
Die Maßnahme wird durch eine Aufklärungskampagne bei Beschäftigten, Schulklassen und Eltern von Kindergartenkindern begleitet, Stichworte: Wie kleide ich mich klimaangepasst? Dein persönlicher Beitrag zum Klimaschutz!
Bei dem Verkauf von Grundstücken durch die Stadt wird in die Grundstückskaufverträge eine Verpflichtung zu den oben genannten Richtwerten aufgenommen.
[12] vgl. Runder Tisch Klimanotstand Aachen: Unsere Forderungen – Bauen/Wohnen/Stadtgrün (https://www.runder-tisch-klimanotstand-ac.de/bauen-wohnen-stadtgruen/), 2020
[13] vgl. Klimaentscheid Darmstadt: Ziele - Ziel 7: Nachhaltige und ökologische Stadtplanung (https://klimaentscheid-darmstadt.de/ziele/), 2020
[14] vgl. KlimaKom gemeinnützige eG: Kurzbroschüre Transformation gestalten – Bausteine einer Klimanotstandspolitik in Erlangen, 2020, Seite 9
[15] KlimaKom gemeinnützige eG: Kurzbroschüre Transformation gestalten – Bausteine einer Klimanotstandspolitik in Erlangen, 2020, Seite 12
Bis Ende des Jahres 2026 soll der gesamte Wohngebäudebestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAU mit Photovoltaik ausgerüstet und allen Mietern der Bezug von Mieterstrom ermöglicht sein. Bis Ende 2023 soll dieses Ziel zu 70 % erreicht sein. [2]
[2] vgl. Stadt München: Bau von Bezahlbaren Wohnungen (https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtinfos/2020/Bau-von-bezahlbaren-Wohnungen.html), 2020